Meinen Entschluss, kriminell zu werden, nahm ich nicht auf die leichte Schulter.
Es war für mich ein äußerst ehrgeiziges Vorhaben, und ich hegte anfangs auch Zweifel an meinem Talent. Denn ich
gehörte nie zu jenen Menschen, denen
im Leben alles in den Schoß fiel. Auch
war ich mit einem eher geringen Selbst-vertrauen ausgestattet. Dennoch hatte
ich Wünsche, entwarf Luftschlösser,
stellte mir vor, was ich aus meinem
Leben gern gemacht hätte.
Im beruflichen Bereich etwas Außer-gewöhnliches zu leisten hielt ich für aussichtslos. Ich übe eine der unauffälligsten Tätigkeiten aus, die es überhaupt gibt: Ich binM Sekretärin.
Mein Chef – kein hohes Tier – ist mit mir ganz zufrieden, ich habe meine Arbeit
im Griff, aber als »Perle« würde er mich wohl kaum bezeichnen.
Besondere Begabungen sucht man bei
mir vergeblich; ich bin eher unsportlich, manchmal ziemlich ungeschickt, meine Kochkünste sind mittelmäßig, und meine Versuche, Topfpflanzen zu Wachstum
und Blüte zu bringen, blieben erfolglos.
Ich bin mittelgroß, war bis vor Kurzem ziemlich mollig, in mein stumpfbraunes Haar hatten sich bereits graue Fäden gemischt, was ich eine Weile lang – ohne überzeugendes Ergebnis – mit einer selbst aufgelegten kastanien-farbenen 40 Tönung zu überdecken versuchte. Ich hatte, frei heraus gesagt, nie den Ehrgeiz, mich hübsch zu machen, denn wenn ich mich
im Spiegel betrachtete, schien mir, dass
es ohnehin vergebliche Liebesmüh wäre.
Vielleicht neigte ich jedoch dazu, meine Träume besonders ehrgeizig auszu-gestalten, denn – so fantasierte ich zuweilen – wenn mir irgendwann etwas Großartiges, Einmaliges gelingen würde, dann wäre mein ganzes Leben gleichsam auf ein höheres Niveau gehoben, herausgelöst aus dem Klima der Mittelmäßigkeit und Erfolglosigkeit, in dem es sich seit jeher bewegt hatte.
Mag sein, dass es im Grunde genommen diese entschlossene Sehnsucht war, die mich dazu antrieb, ein Verbrechen zu begehen.